Roboter in der Krankenhauspflege: Mensch oder Maschine?
Ist die digitale Vernetzung und Automatisierung mit der Pflege am Menschen zu vereinbaren? Krankenhäuser und ihre Geschäftsführer müssen sich diese Frage immer dringlicher stellen, denn: Sie sind einem extremen Wettbewerb ausgesetzt. Es gibt kein Land mit solchen Überkapazitäten wie Deutschland. Die wirtschaftliche Lage der Krankenhäuser in Deutschland verschlechtert sich immer weiter. Zwar sind die Umsätze leicht gestiegen, doch nur jedes zweite Krankenhaus konnte 2015 ein positives Jahresergebnis aufweisen.
Durch den starken Kostendruck und die neuen Anforderungen aus der Gesundheitsreform müssen Krankenhäuser viel unternehmerischer agieren. Das gilt nicht nur für den kaufmännischen Direktor, sondern auch für den ärztlichen Direktor. Die Restrukturierung ist und bleibt eine Daueraufgabe. Nur so können Krankenhäuser ihre Situation aus eigener Kraft verbessern.
Die richtige Unternehmensstrategie
Die zentrale Anforderung an die Unternehmensstrategie lautet: Immer mehr Leistungen für das gleiche Geld bringen. Das ist eine sehr anspruchsvolle Aufgabe, denn die Krankenhäuser müssen dazu zwei gegensätzliche Dinge gleichzeitig tun:
- Sie müssen ihre Ressourcen effizienter einsetzen
- Sie müssen gleichzeitig die Qualität der Patientenversorgung steigern
Die spezielle Organisationsstruktur der Kliniken erschwert diese Aufgaben. Im Vergleich zu Unternehmen hat die kaufmännische Seite eine deutlich schwächere Position, denn Ärzte entscheiden gerne selbst, welche Behandlungspfade sie für die Patienten einschlagen wollen. Prozessoptimierungen lassen sich nur in enger Abstimmung mit der ärztlichen Direktion durchsetzen. Der richtige Umgang mit Ressourcen und Kompetenzen ist der Zentrale Hebel.
Die wichtigsten Ressourcen eines Krankenhauses sind die Mitarbeiter. Sie müssen dort eingesetzt werden, wo sie wirklich gebraucht werden – Beim „Dienst am Patienten“. Das geht nur mit einer permanenten Prozessoptimierung und einer konsequenten Anpassung der Organisationsstruktur, denn in allen Krankenhäusern herrscht Pflegenotstand.
Industrie 4.0 geht auch im Krankenhaus
Industrie 4.0 bedeutet, dass alle Bereiche eines Unternehmens vernetzt werden, um effektiv zu arbeiten. Geht das auch im Krankenhaus? Ist das ein Weg raus aus dem Kostendruck und hin zur Prozessoptimierung? Im Augusta Krankenhaus in Bochum werden seit neuestem Roboter für die Essensausgabe eingesetzt. Das sind programmierte Essenswagen, die in der Küche befüllt werden und für ihren Weg programmiert sind. Den Aufzug finden sie selbständig und können ihn auch alleine rufen. Auf dem Weg garen sie das Essen und bringen es heiß auf die Station. Die Hilfskräfte werden jetzt zur Arbeit am Patienten eingesetzt. So entsteht ein doppelter Effekt: Effizientere Arbeit und bessere Pflege des Patienten. Die digitale Vernetzung von der digitalen Essensbestellung bis zur Anlieferung macht alles deutlich effizienter und Ressourcensparender.
Roboterwagen: Jedes moderne Krankenhaus hat solche stummen Helfer:
Es geht noch mehr
In der Uniklinik Jena ist man schon einen Schritt weiter. Dort flitzen 24 Roboterwagen durch die Klinik. In eigenen Fahrstühlen und einem eigenen Tunnelsystem sorgen sie für effiziente Prozessabläufe hinter der eigentlichen Patientenarbeit. Sie verrichten unbemerkt von Besuchern und Patienten Botengänge. Gesteuert werden sie über einen zentralen Rechner, der alle Wagen koordiniert und ihnen ihren Einsatzort vorgibt. Per Infrarot-Datenübertragung erteilt er jedem Fahrzeug die jeweiligen Transportaufträge. Alle Fahrtrouten sind im Fahrzeugrechner gespeichert. Für die Navigation der batteriebetriebenen Wagen sorgen Magnete, die ein Sensor beim Überfahren erfasst. Verliert ein Fahrzeug die Spur, wird die Route korrigiert. Im Klinikum Jena sind 200 Container für Botengänge, Dokumententransporte und Materialversorgung unterwegs. Der Transport von Hightech-Containern ist der Hauptjob der Roboterwagen.
Im Stanford Hospital in Kalifornien fährt seit neuestem ein schlauer Hygiene-Roboter umher. Er ist der Hygienebeauftragte und fährt unbemerkt den ganzen Tag durch das Krankenhaus um die Böden mit UV-Licht zu desinfizieren. Dabei berechnet er seinen Weg so sorgfältig, dass keine Stelle unbearbeitet bleibt. Er kommt dorthin, wo die Menschenhand nicht hinkommt oder hinkommen will.
Mensch oder Maschine?
Heute transportieren die Roboterwagen das Essen nur zur Station, dann übernimmt wieder das Klinikpersonal. Doch auch die Essensausgabe könnten die Roboter leisten, sogar den selbstständigen Patiententransport. Wie auf einem Flughafen, wo Passagiere von selbstfahrenden Transportcaddies von Terminal zu Terminal gebracht werden können.
Doch ist das der richtige Weg für ein Krankenhaus?
Prof. Klaus Höffken, ärztlicher Direktor in Jena sagt:“Das kann ich mir eigentlich nicht vorstellen, dass wir so etwas machen. Das werden wir im Krankenhaus nicht haben. Das Krankenhaus ist für Menschen da, denen geholfen werden muss. Wir haben einen sozialen Beruf und da endet das.“ Rund 700 Patiententransporte fallen hier jeden Tag an, doch das macht man in Jena auch weiterhin zu Fuß. Doch wie lange noch?
Möglich ist alles und noch viel mehr. An der Singularity University im Silicon Valley ist man wieder ein Stück weiter. Dort forscht man, wie die digitale Technik die Probleme der Welt lösen wird. Der Trend geht eindeutig in diese Richtung. Nicht mehr nur Muskelkraft wird ersetzt, sondern auch die Kopfarbeit wird automatisiert.
Spagat zwischen Heilauftrag und Wirtschaftlichkeit
Der Spagat zwischen Wirtschaftlichkeit und Heilauftrag funktioniert nur mit einer klaren Unternehmensstrategie. Krankenhäuser dürfen nicht nur auf der Umsatz- und Kostenseite umdenken, sondern auch im oberen Management. Die richtige Positionierung und eine konsequente Prozessoptimierung werden immer wichtiger.
Die sehr spezielle Organisationsstruktur in Krankenhäusern verlangt spezifische Herangehensweisen. Gerade wegen des Überangebots brauchen Krankenhäuser eine viel stärkere unternehmerische Ausrichtung, um im Wettbewerb erfolgreich bestehen zu können. Erfolgreiche Krankenhäuser machen es vor: Kostenorientierung passt sehr wohl zu einer besseren Patientenbehandlung und beides passt zur Industrie 4.0. Dafür ist allerdings eine eindeutige Unternehmensstrategie nötig, die von der Krankenhausdirektion entwickelt werden muss – nicht von Robotern.
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